Liebe Apis, liebe Freunde im Ländle und darüber hinaus!
„Wer hofft, kann handeln“ lautet ein kleiner Sammelband mit Predigten des verstorbenen Bundespräsidenten Johannes Rau. In letzter Zeit lese ich jeden Tag immer eine seiner inspirierenden Predigten. Rau ist für mich ein Politiker, der sein Amt als aufrichtiger Christ in großer Menschenfreundlichkeit und mit viel Zuversicht gelebt hat. Hoffnung ist nicht der Zustand eines Optimisten, der seinen unerfüllten Träumen hinterherjagt. Hoffnung regt weder zu Tagträumen an, noch motiviert sie zur Weltflucht Unsere Hoffnung als Christen nährt sich aus der Zusage Jesu, immer bei uns zu sein – bis ans Ende der Welt. „Die Welt geht nicht zum Teufel“, fasst es Rau einmal passend zusammen. Nein, diese Welt hat eine andere Zukunft. Mein Eindruck ist allerdings, dass uns die ständigen Hiobsbotschaften nicht in die Arme Gottes, sondern geradezu in die entgegen gesetzter Richtung treiben.
Ein Thema, das uns alle angeht
Ein Beispiel ist für mich die jetzt veröffentlichte „AUF!-Studie“. Es geht um Missbrauch, und auch um konkrete Prävention sexualisierter Gewalt. Die Studie erschüttert. In einer ersten Tiefenbohrung wird einmal mehr deutlich: Keine Kirche, keine Frömmigkeitsrichtung, kein Amtsinhaber christlicher Institutionen ist bei diesem Thema außen vor. Mich erschüttert, dass mitten im Pietismus Sexualität und Gewalt in seiner Symbiose zu unsäglichen Missbrauchsmustern verwoben wurden. Da beruhigt es wenig, dass die Gleichstellungsbeauftragte unserer Landeskirche deutlich daraufhin gewiesen hat, dass bei einer laufenden Studie im Zusammenhang mit der Reformpädagogik ebenfalls dramatische Ergebnisse zu erwarten sind. Das Thema erschüttert uns alle. Alle!
Die Missbrauchsenthüllungen lassen bei vielen Menschen das Fass zum Überlaufen kommen. Sie sprechen der Kirche das allgemeine Deutungsrecht ab, dieser Welt etwas Sinnstiftendes sagen zu können. Wer so handelt, braucht nicht mehr zu predigen. Viele kehren der Kirche den Rücken und treten aus. Schwerer als die äußere, wiegt jedoch die innere Kündigung. Wenn nicht der Kirche als Institution, sondern der Botschaft selbst – also der Jesusbotschaft, der menschgewordene Liebe Gottes – gekündigt wird, dann wird es dramatisch. Es wird still um Jesus. Er steht nicht mehr für Kraft und Hoffnung. Und wir müssen eingestehen: Nicht Christus hat versagt, sondern wir! Ja, es steht schlimm um uns. Zur echten Einsicht gehört daher auch eine unverblümte Aufarbeitung, und Wiedergutmachung – soweit es uns eben möglich ist. Und schließlich bleibt meine Hoffnung: Auf einer echten Buße folgt ein echter Neuanfang. „Weißt du nicht, dass dich die Güte Gottes zur Umkehr leitet?“ (Römer 2,4).
Lasst uns Jesu Hoffnung in die Welt tragen.
Matthias Hanßmann
Umkehr hat etwas Aktives. Es geht darum, dass wir die richtige Richtung einschlagen. Aufstehen, aufrichten, losgehen, andere mitnehmen. Es gibt keinen Grund, als Kirche und Gesellschaft den Kopf in den Sand zu stecken. Christus steht für die Missbrauchten, die Opfer und die Sünder. Und aus ihm heraus gilt es, mutig zu handeln. Es muss mit dem Teufel zugehen, wenn wir resigniert sitzen bleiben, und die Welt sich selbst überlassen. „Wir dürfen unseren Kindern nicht vorgaukeln, die Welt sei heil. Aber wir sollten in ihnen die Zuversicht wecken, dass die Welt nicht unheilbar ist.“ (J. Rau). Ach, Geschwister kommt! Lasst uns aufstehen, aufrichten, unsere Möglichkeiten in die Hand nehmen, die uns Jesus geschenkt hat. Und lasst uns diese Hoffnung in die Welt tragen.
Euer Matthias Hanßmann