Texterklärung
Das Volk Israel steht am Anfang der Landnahme in Kanaan. Endlich ist das verheißene Land erreicht, in dem Milch und Honig fließen sollen. Der feierliche Durchzug durch den Jordan und die Beschneidung als Erneuerung und Bestätigung des Gottesbundes sind noch eindrücklich in Erinnerung. Aber das Land, das vor ihnen liegt, ist nicht menschenleer. Sie können nicht einfach weiterziehen und sich niederlassen, wo es ihnen gefällt. Es gibt befestigte Städte, deren Bewohner sich nicht kampflos ergeben wollen. Eine dieser Städte ist Jericho. Unser Text handelt von der sonderbaren Eroberung dieser Stadt im Jordantal.
Der heilige Gott ist nicht verfügbar (5,13-15)
Josua steht vor der ersten großen Herausforderung als Führer des Volkes. Vielleicht blickt er gerade hinüber auf die Mauern der Stadt – allein, und überlegt, wie es mit der Eroberung gehen soll. Gedanken machen ihm zu schaffen: Wie sollen wir dieses feste Bollwerk bloß bezwingen? Vielleicht kommen Zweifel auf. Plötzlich steht ein Mann neben ihm mit einem Schwert, einer, der wie ein Krieger aussieht. Deshalb auch die naheliegende Frage: „Gehörst du zu uns oder zu unseren Feinden?“
Mit seinem „Nein“ stellt der Engel klar, dass er sich nicht einfach vereinnahmen lässt. Es geht vor allem anderen um Demut, Anbetung und den Willen Gottes: „Was sagt mein Herr seinem Knecht?“ Josua soll wissen, dass er im Dienst eines Größeren steht. Es ist heiliges Land, weil es Gottes Land ist. Deshalb ist Ehrfurcht gefragt, keine Kriegstaktik.
Mauern fallen durch Verheißung (6,1-5)
Aus menschlicher Sicht ist Jericho kaum einzunehmen, keiner kommt rein und keiner raus. Das Unternehmen wäre wohl zum Scheitern verurteilt, wenn nicht Gott schon entschieden hätte: Alles ist Israel in die Hand gegeben. Deshalb kann auch auf eine ausgeklügelte Eroberungsstrategie verzichtet werden. Die Lade Gottes, Posaunenklänge und Kriegsgeschrei reichen aus, um die Mauern von Jericho einstürzen zu lassen. Es hat etwas von einem Gottesdienst, die Kriegsleute werden zu Statisten. Auf die gewohnten Machterweise kann verzichtet werden.
Mauern fallen durch Gehorsam (6,6-19)
Es ist erstaunlich, dass Josua wie selbstverständlich nach dem Wort Gottes handelt und tatsächlich alle mitmachen. So ist noch keine Stadt erobert worden! Manchmal sind es die ungewöhnlichen Wege, auf denen Gott zum Ziel kommt. Er sucht Menschen, die solche Wege mitgehen.
Die „gottesdienstliche Gemeinde“ bricht auf, ihre einzige Waffe ist der Glaube. Sechs Tage lang ziehen sie stumm um die Stadt, jeden Tag einmal. Am siebten Tag ziehen sie siebenmal herum. Soviel „Sieben“ ist kein Zufall! Die „Sieben“ ist eine besondere Zahl, die für das Heilige, für Fülle und Ganzheit steht. Wo Gott wirkt, braucht es nicht mehr! Endlich, beim siebten Mal, wird die Stille durchbrochen von Posaunen und Kriegsgeschrei. Und die Mauern fallen tatsächlich. Aber bis dahin war Glauben gefragt und wahrscheinlich sind sie für diese „kreative“ Kriegsführung mehr als einmal von ihren Feinden verhöhnt worden.
Soviel Blutvergießen – musste das sein? (6,20-21)
Es war ein so außergewöhnlicher Sieg. Warum dann noch so ein Blutvergießen nötig war, lässt sich vielleicht theologisch erklären: Schon in 5. Mose 20,18 wird gewarnt: „… damit sie euch nicht lehren, all die Gräuel zu tun, die sie im Dienst ihrer Götter treiben, und ihr euch so versündigt an dem Herrn, eurem Gott.“ Aber wir sollten nicht so einfach das Schreckliche als so selbstverständlich ansehen und geistlich überhöhen. Es waren auch Menschen dort in Jericho. Ich bin froh, dass wir mit dem Neuen Bund solche Grausamkeit – Gott sei Dank – überwunden haben.
Gott hält Wort (6,22-25)
Im großen Durcheinander der Plünderung hätte es leicht passieren können, dass Rahab auch dem Blutvergießen zum Opfer fällt. Aber Josua gibt Anweisung, sie und ihre ganze Familie zu schützen. Sie bleibt am Leben, weil sie auf Gottes Seite stand und ihr Leben für die Rettung der Kundschafter aufs Spiel setzte. In Matthäus 1,5 finden wir sie dann sogar im Stammbaum Jesu. Wieder einmal hat Gott das Herz angesehen und nicht das, was vor Augen ist. So kann auch eine Prostituierte Teil der Familiengeschichte Jesu sein. Von Jericho bleibt nichts übrig als Rahab und ihr Haus – vielleicht auch ein Bild für den Glauben. Nichts hat Bestand außer dem Glauben an Jesus Christus!
Fragen zum Gespräch
- Was ist uns „heilig“? Was verbinden wir mit diesem Wort heute?
- Hat uns Gott schon einmal ungewöhnliche Wege geführt, um sein Ziel zu erreichen?
- Wo haben wir erlebt, dass Gott Wort gehalten hat?