Texterklärung
Das Buch Josua knüpft mit Vers 1 nahtlos an die fünf Bücher Mose an. Gott kommt mit seinem Volk wie mit dieser Welt an sein Ziel. Die 24 Kapitel des Josua-Buches berichten und begründen die Ereignisse um die Einnahme und Verteilung des verheißenen Landes. Im 1. Teil (Kap. 1 – 12,24) wird von der Eroberung des Landes gesprochen. Im 2. Teil (13,1 – 22,34) geht es um die Verteilung des Landes. Im 3. Teil (23,1 – 24,33) finden wir die Abschiedsreden und den Tod Josuas. Unser Abschnitt besteht aus zwei Reden: Gott spricht zu Josua (V. 1-9). Und Josua spricht zum Volk (V. 10-18), um sie auf den Einzug ins verheißene Land vorzubereiten.
Landnahme oder Landgabe?
Theologisch wie sprachlich ist es bedeutsam, ob in Bezug auf das von Gott verheißene Land von einer „Landnahme“, einer „Landverteilung“ oder einer „Landgabe“ gesprochen wird. Bei der „Landverteilung“ handelt es sich um die Verteilung des von Gott an Abraham verheißenen Landes (1Mo 15,13-16) an die Stämme Israels während bzw. nach der „Landnahme“. Von einer „Landnahme“ wird gesprochen, wenn zum Ausdruck gebracht werden soll, dass sich das Volk Israel das Land genommen hat. Bei „Landgabe“ wird betont, dass Gott dem Volk das Land zum Eigentum gegeben hat.
Gerufen, gesegnet und gesandt – Gott beruft zum Dienst (V. 1-9)
Gott beruft Josua zum „Knecht des Herrn“. „Knecht“ ist im biblischen Kontext ein „besitzanzeigendes Fürwort“: Der Knecht gehört seinem Herrn, ist sein Werkzeug und steht in enger Beziehung zu ihm. Was Josua bisher durch Mose aus zweiter Hand erfuhr, das will Gott ihm künftig direkt sagen. Darum spricht Gott nun zu Josua und trägt ihm auf, mit dem Volk über den Jordan zu ziehen, um in das Land zu kommen, dass Gott den Vätern verheißen hat (V. 2).
Nach dem grundsätzlichen Befehl zum Aufbruch gewährt Gott zunächst drei Zusagen:
- Gott hat das Land Israel gegeben. Die Grenzen sind markiert und abgesteckt (V. 3-4).
- Gott will Josua zu jeder Zeit beistehen. Niemand kann und darf ihm widerstehen (V. 5).
- Gott verheißt Josua und dem Volk das Gelingen der Landeinnahme (V. 6).
Josua erlebt eine klassische Berufung. Kein Mensch kann aus eigener Kraft und Fähigkeit bewerkstelligen, wozu Gott beruft. Die Kennzeichen dieser Berufung sind das Angesprochensein („…, sprach der Herr zu Josua“; V. 1); die Beauftragung („So mach dich nun auf und zieh über den Jordan, du und dies ganze Volk, in das Land, das ich ihnen, den Israeliten, gegeben habe“; V. 2-4); der Beistand Gottes („Es soll dir niemand widerstehen dein Leben lang. Wie ich mit Mose gewesen bin, so will ich auch mit dir sein. Ich will dich nicht verlassen noch von dir weichen“; V. 5). Kurzum: Josua wird von Gott gerufen, gesegnet und gesandt.
Den drei Zusagen Gottes entsprechen drei Aufforderungen:
- Drei Mal spricht Gott: „Sei getrost und unverzagt“ (V. 6.7.9) – einmal die Brüder (1,18).
- Gott beauftragt: „Mache dich auf und zieh aus“ (V. 2).
- Gott erwartet: „Weiche nicht ab vom Gesetz“ (V. 7.8).
Halten, tun, betrachten – Gottes Wort ist Weisung zum Leben (V. 7-9)
Vollmacht, Autorität und Gelingen des Vorhabens liegen nicht in den Eigenschaften oder Persönlichkeitsmerkmalen von Josua begründet, sondern allein in Gott. Indem Josua sich an die Weisungen Gottes bindet, die er in seinem Gesetz für das Volk Israel gegeben hat, bindet sich Josua an Gott selbst. Nur so und nur dann, wenn er Gottes Weisungen strikt befolgt, bindet er sich an den, der ihn berufen und bevollmächtigt hat. Und nur auf diese Weise kann er Gottes Auftrag in rechter Weise ausrichten (V. 7), und nur so kann es gelingen (V. 8). Josua kann allein in der Bindung an Gott – durch das Halten des Gesetzes – Gottes Kraft und Segensquellen anzapfen (V. 7-9; vgl. Joh 15,5ff.).
Gemeinschaftlich gehen und glauben – Gottes Verheißung für sein Volk (V. 10–18)
Besonders den Stämmen des Ostjordanlandes (Ruben, Gad und halb Manasse) gebietet Josua, ihre Brüder bei der Landeinnahme zur Seite zu stehen. Dabei gebraucht Josua ein starkes Bild: Gott will das Volk zur Ruhe bringen. Nach vierzig Jahren Wüstenwanderung ist Ruhe der Inbegriff aller Sehnsüchte und Hoffnung. Ruhe ist aber nicht an das „verheißene Land“ gebunden, sondern wird von Gott geschenkt („Der Herr, euer Gott, hat euch zur Ruhe gebracht und euch dies Land gegeben“; V. 13.15; vgl. 5Mo 3,20; 22,4; Hebr 4,9). Als Glaubende sind wir eine Solidargemeinschaft, die einander helfen, tragen und mitnehmen auf den Weg zum Ziel.
Fragen zum Gespräch
- Können wir unsere Gemeinschaften und Gemeinden so gestalten, dass auch sie zu Sehnsuchtsorten werden, wo Gottes Liebe erfahren und Hoffnung empfangen wird?
- Wie kommen wir heute zu Berufungen?