Von Klimagerechtigkeit, biblischen Verheißungen und unserem christlichen Glauben
Wenn ich diesen Artikel schreibe, ist Hochsommer, es ist heiß und die Nachrichten über die Hitze und Dürre überschlagen sich. Doch diese Veränderungen sind nicht zufällig: sie sind ein Problemanzeiger des Anthropozän, des Zeitalters, in dem der Mensch so stark in die Ökosysteme eingreift, das sie drohen zu kippen1. Und dies bedeutet eben nicht nur Extremwettersituationen, der Rückgang der Artenvielfalt, sondern ganz direkt auch soziale Herausforderungen, Hunger und Armut2.
Die Themen Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit sind deshalb sehr eng miteinander verbunden. Der Einsatz für Nachhaltigkeit hat Gerechtigkeit zum Ziel: die Bedürfnisbefriedigung jetzt und zukünftig lebender Menschen. Und dies umfasst immer das Soziale, die Ökologie und Ökonomie. Schon in der Bibel, im mosaischen Gesetz, verknüpft Gott das Wohlbefinden seines Volkes immer mit diesen drei Dimensionen. Durch die strukturelle Gerechtigkeit (misphat) in Form der Sabbat- und Abgabegebote (3Mo 24-25; 5Mo 14 + 26) sorgt Gott bereits von Anfang an dafür, dass sich die Natur durch den Verzicht der Landwirtschaft im Sabbatjahr erholen kann. Gott sorgt auch dafür, dass wirtschaftliches Wachstum durch die Begrenzung von Produktivität und die Sabbatruhe nicht zur höchsten Priorität des Lebens wird. Und nicht zuletzt sorgt er vor, dass ein gesundes Miteinander durch die Limitierung von Abhängigkeit, Sklaverei und Armut durch das Jubeljahr und Abgabegebote möglich ist3.
Gottes Shalom
Das Zusammenspiel aller drei Dimensionen, getragen von einer gelebten Gottesbeziehung, ist ein Abbild von Gottes Shalom, einem allumfassenden Frieden, den sich Gott für uns alle wünscht und der für uns durch Jesus greifbar geworden ist: Ein Frieden für die ganze Schöpfungsgemeinschaft, zu der der Mensch (Adam = Erdling) als Teil der sehr guten Schöpfung gehört und als Ebenbild Gottes mit einer besonderen Verantwortung beauftragt ist4. Wir haben den Auftrag, segensreich zu wirken. Mitten in allen Ungerechtigkeiten, Hoffnungslosigkeit und Sorgen sollen und dürfen wir für die Schöpfung und unsere Mitmenschen eintreten und Klimagerechtigkeit auch zu unserem Auftrag machen. Damit ist der Einsatz für Nachhaltigkeit und die Schöpfung ein zentraler Weg, um mehr Gerechtigkeit und Frieden herzustellen. Unser christlicher Glaube kann uns die Ausdauer und Kraft dafür geben, für Klimagerechtigkeit einzustehen, Zuversicht und Hoffnung in die Thematik einzubringen und selbst ein Stück Veränderung bei uns und in unseren Gemeinden voranzubringen.
Quellen:
- Schneidewind, U. (2018). Die Große Transformation: Eine Einführung in die Kunst gesellschaftlichen Wandels (2. Aufl.). Fischer. S. 23 ↩︎
- Grunwald, A., & Kopfmüller, J., (2022). Nachhaltigkeit (3. aktualisierte und erweiterte Aufl.). Campus Verlag. S. 16 ↩︎
- Lienkamp, A. (2009). Klimawandel und Gerechtigkeit: Eine Ethik der Nachhaltigkeit in christlicher Perspektive. Ferdinand Schönigh. S. 190-192 ↩︎
- Vogt, M. (2018). Gottesperspektiven im Nachhaltigkeitsdiskurs. In B. Bertelmann, & K. Heidel (Hrsg.), Leben im Anthropozän: Christliche Perspektiven für eine Kultur der Nachhaltigkeit (S. 247-258). oekom. S. 194 ↩︎