Liebe Apis, liebe Freunde im Ländle und darüber hinaus!
Emile Ratelband hat die Faxen dicke. Der damals 69-jährige Niederländer zieht 2018 vor Gericht. Dort will er durchsetzen, dass in seinem Personalausweis nur das Alter vermerkt wird, wie er sich fühlt. Und dies sei Stand damals: 49 Jahre.
Man könnte fragen: „Wie alt bin ich? Und wenn ja, welches?“ Ich bin nicht Ratelband. Aber tatsächlich würde ich behaupten, dass die Dinge nicht mehr sind wie früher. Das gefühlte Alter fühlt sich einfach anders an. Mein Opa war ein anderer Opa als ich es heute bin. Zumindest gefühlt. Das mag subjektiv klingen, ist aber das Lebensgefühl einer (meiner) ganzen Generation. Wir spüren diesem Phänomen nach und haben dem Thema nicht nur ein ganzes Magazin, sondern weitere Angebote gewidmet. Schauen Sie rein!
Wortwahl
Die Überschrift des Editorials hat Konfliktpotential. „Hey Alter“ – so was sagt man doch nicht! Der Ausspruch spiegelt für mich die Zerrissenheit unserer Gesellschaft – auch zwischen den Generationen. Denn wenn ein Teenager „Hey Alter“ sagt, dann meint er allermeist nicht die Senioren, sondern den Kumpel, den er gerade mit einem Check begrüßt. „Hey Alter, was geht?“ – wir hätten vielleicht gesagt: „Schön dich zu sehen! Wie geht’s dir denn?“ Und doch spiegelt die Sprache ein Dilemma wider. Die Verrohung der Sprache ist ein Problem. Der digitale Raum ist eine Herausforderung. Das gilt auch für uns Fromme. Mitunter ist es unfassbar, mit welcher Wortwahl offensichtlich fromme Christenmenschen die Kommentarzeilen im Netz beschmutzen. Haben wir das nötig? Würden wir so auch mit den Menschen reden, wenn wir mit ihnen in Hauskreisen, Gottesdiensten oder im Gemeinde-Café Generation+ sitzen würden? Ob wir hier als etwas Positives beitragen könnten? Ich meine schon. Vielleicht geht es heute darum, dass das „weise Alter“ eben in unserer Zeit hier maßvoll und vorbildhaft bleibt. Beteiligen wir uns nicht am Schmutzwerfen. Jesus hat uns diesbezüglich ermahnt: Freunde lieben kann jeder. Das Thema ist: Du sollst deine Feinde lieben (Lk 6,27-36). Wie schwer das ist!
Du bist so alt, wie Gott dich sieht
Ratelbands Klage wurde übrigens abgewiesen. Es gilt: Du bist nicht so alt wie du dich fühlst, sondern wie es dein Kalender anzeigt. Dies sei auch keine Diskriminierung und kein Fall eines Selbstbestimmungsrechtes. Gut so. Denn Leben und Sterben liegen in Gottes Hand, und der Umgang damit in unserer Verantwortung. Vielleicht lohnt es einmal mehr, wenn wir das Alter im Zusammenhang aller Generationen zu lesen versuchen.
Auch bis in euer Alter bin ich derselbe,
Jesaja 46,4
und ich will euch tragen,
bis ihr grau werdet. Ich habe es getan;
ich will heben und tragen und erretten.
Der katholische Theologe Adolph Kolping stellte einmal fest: „Das Erste, was der Mensch im Leben vorfindet, das Letzte, wonach er die Hand ausstreckt, das Kostbarste, was er im Leben hat – ist die Familie.“ Und ich würde gerne dazu ergänzen: „… ist die famila dei“, die „Familie Gottes“. Die Mitte und die Zukunft liegen in der Familie. Ein anderes Thema? Ich denke nicht.
Euer
Matthias Hanßmann