Das Wort „vertrauen“ ist seit dem 16. Jahrhundert bekannt als „fertruen“ oder „vertruwen“. Es geht auf das gotische „trauan“ zurück, was zeigt, dass es mit „treu“ verwandt ist. Wer treu und verlässlich ist, dem kann man vertrauen. Das macht auch folgende Geschichte deutlich: Ein Mann stellt ein kleines Kind auf eine Mauer und sagt: „Spring.“ Das Kind springt nicht. Er nimmt es herunter und stellt ein anderes Kind auf die Mauer: „Spring.“ Das Kind springt. Er fängt es auf und sagt zu seinem Begleiter: „Das Kind, das gesprungen ist, ist mein eigenes Kind und das wusste, dass der Vater es auffängt.“ Wo man den anderen als treu und verlässlich kennt, kann man vertrauen.
Vertrauen zwischen Menschen
Das gilt auch für unsere menschlichen Beziehungen. Unser Miteinander kann gelingen, wo man dem anderen vertrauen kann. Das gilt für die Ehe, für das Verhältnis von Eltern und Kindern, in der Gemeinde oder Gemeinschaft, in einem Hauskreis und auch in der Gesellschaft. Vertrauen kann wachsen, wo man weiß: Der andere meint es ehrlich und gut mit mir; auf sein Wort kann ich mich verlassen.
Unser Miteinander kann gelingen, wo man dem anderen vertrauen kann.
Werner Trick
Wie gut ist es, wenn man Menschen um sich hat, denen man vertrauen kann! Für solche Menschen können wir danken. Und darauf ist Jesus auch bei uns aus. Er will, dass man uns vertrauen kann. In Galater 5,22 zählt Paulus Früchte auf, die Jesus durch den Heiligen Geist bei uns wachsen lassen möchte: z. B. Liebe, Friede, Geduld, Güte, Treue … Auf der Basis solcher Früchte kann Vertrauen wachsen. Und wie schön wäre das, wenn andere Menschen uns vertrauen, weil sie uns abspüren, dass man sich auf uns und unser Wort verlassen kann! Das wäre doch etwas, wenn zur Ehre Gottes im Brief unseres Lebens (2Kor 3,3) als Frucht des Geistes zu lesen wäre: verlässlich, ehrlich, treu – also vertrauenswürdig!
Vertrauen und Glaube an den dreieinigen Gott
Das Gegenteil von Vertrauen ist Misstrauen. Schon auf den ersten Seiten der Bibel versuchte der Teufel, Misstrauen zwischen Gott und den Menschen zu säen. In Gestalt der Schlange sagt er zu Eva: „Sollte Gott gesagt haben? … Ihr werdet keineswegs des Todes sterben, wie es Gott gesagt hat“ (1Mo 3,1-5). Bis heute ist es ein Anliegen des Teufels, Misstrauen zwischen Gott und uns zu säen und Gottes Wort in Zweifel zu ziehen. Gott aber wirbt um unser Vertrauen und unseren Glauben.
Das Wort, das im griechischen Urtext des Neuen Testaments für „Glaube“ (Pistis) steht, beinhaltet auch „Vertrauen“. Daran wird deutlich, dass der Glaube an den dreieinigen Gott mit Vertrauen zu tun hat. Beim Glauben geht es nicht allein darum, dass wir etwas glauben und für wahr halten. Natürlich hat unser Glaube auch einen Inhalt. In der Bibel erfahren wir, wer und wie Gott ist, was er für uns getan hat, wie er es mit uns meint, und was er von uns möchte. Ein wichtiger Teil dieses Inhalts ist im Glaubensbekenntnis zusammengefasst. Aber auch im Glaubensbekenntnis sagen wir nicht nur: „Ich glaube“ und dann folgt der Inhalt unseres Glaubens. Sowohl im Apostolischen als auch im Nicänischen Glaubensbekenntnis sagen wir: „Ich/Wir glaube(n) an Gott, den Vater, an Jesus Christus und an den Heiligen Geist.“ In diesem „an“ kommt eine vertrauende Beziehung zum Ausdruck. Zum Glauben gehört, dass wir unser Leben dem gekreuzigten und auferstandenen Jesus anvertrauen, uns von ihm vergeben lassen. Das für uns gelten lassen, was er für uns getan hat. Ihn Herr über unser Leben sein lassen und mit ihm durchs Leben gehen. Wer an ihn glaubt, kann felsenfest darauf vertrauen, dass er uns das Heil schenkt, seine bleibende Gemeinschaft – ewiges Leben. Denn darauf können wir uns felsenfest verlassen: dass Jesus auch für uns gestorben und auferstanden ist. Wer an ihn glaubt, dem lässt er unumstößlich sagen: „Für dich. Du bist mein und ich bin dein.“
Gottes Worte sind nicht „Schall und Rauch“. Sie sind vertrauenswürdig.
Werner Trick
Und wenn wir uns Jesus anvertrauen, dann vertrauen wir uns ja nicht irgendjemand an, sondern dem guten Hirten (Hes 34,11ff.; Jes 40,11; Joh 10,11.14). Der Führung des guten Hirten können wir uns anvertrauen, denn er ist treu, verlässlich und meint es gut mit uns. Als guter Hirte kennt er unseren Weg und auch den Weg der Weltgeschichte, die er einmal vollenden wird. Als guter Hirte sorgt er für die, die ihm vertrauen. Er lässt sie in keiner Situation allein und wenn ihnen die Kraft ausgeht, kann er sie tragen. Als guter Hirte kennt er das Ziel und bringt alle, die ihm vertrauen, ans Ziel der Ewigkeit zu ihm. Selbst in Situationen, wo wir seine Führungen mit uns nicht verstehen, können wir darauf vertrauen, dass er uns nicht fallenlässt oder uns aus den Augen verliert. Selbst dann gilt: „Weiß ich den Weg auch nicht, du weißt ihn wohl.“
Ich denke an jene beiden alten Menschen. Sie haben an Jesus geglaubt. Als ich sie besuchte, war im Wohnzimmer eine Spruchkarte aufgestellt mit den beiden Worten: „Er kann.“ Die Karte sollte sie in jeder Lebenslage daran erinnern: Wir können in jeder Lage dem Herrn vertrauen, der „kann“.
Weil Gott treu und wahrhaftig ist, können wir auch auf sein Wort vertrauen. In Psalm 33,4 wird gesagt: „Des Herrn Wort ist wahrhaftig und was er zusagt, das hält er gewiss“. Und später sagt Jesus: „Himmel und Erde werden vergehen, meine Worte aber werden nicht vergehen“ (Mt 24,35) und in Offenbarung 21,5 und 22,6: „Diese Worte sind gewiss und wahrhaftig“. Gottes Worte sind nicht „Schall und Rauch“. Sie sind vertrauenswürdig. Er tut, was er darin verspricht. Deshalb wartet er auf unser Vertrauen zu seinem Wort. Wieviel Halt und Geborgenheit kommt in unser Leben, wenn wir etwa auf die Worte vertrauen: „Siehe ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende“ (Mt 28,20). Oder: „Alle eure Sorge werft auf ihn, denn er sorgt für euch“ (1Petr 5,7)!
Vertrauens- und Glaubensgeschichten der Bibel
In der Bibel gibt es viele Vertrauens- und Glaubensgeschichten, die uns zum Vertrauen auf Jesus ermutigen und einladen wollen. Ich denke an die Geschichten vom Fischzug des Petrus (Lk 5,1ff.). Die
Jünger hatten die ganze Nacht gefischt und nichts gefangen. Da befahl ihnen Jesus am helllichten Tag, was man normalerweise nur in der Nacht tat: „Werft eure Netze aus.“ Und Petrus sagt: „Auf dein Wort hin will ich das Netz auswerfen.“ „Auf dein Wort hin!“ So dürfen auch wir vertrauen.
Ich denke an den Hauptmann von Kapernaum (Mt 8,5ff.). Als jener Jesus bittet, seinen Knecht gesund zu machen, antwortet Jesus: „Ich will kommen und ihn gesund machen.“ Darauf antwortet der Hauptmann: „Ich bin nicht wert, dass du unter mein Dach kommst. Sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund.“ Er traut es Jesus zu, dass er allein durch sein Wort etwas tun kann. Was für ein Vertrauen, über das sogar Jesus staunt (V.10)!
Ich denke an die Geschichte von der „Sturmstillung“ (Mk 4,35ff.). Als die Jünger auf der Überfahrt über den See Genezareth Angst bekommen und Jesus den Sturm stillt, fragt Jesus seine Jünger: „Warum seid ihr so furchtsam? Habt ihr noch keinen Glauben? Habt ihr kein Vertrauen zu mir?“ Was trauen wir Jesus zu?
Oder ich denke an den Vater, der seinen besessenen Sohn zuerst zu den Jüngern und dann zu Jesus bringt (Mk 9,14ff.). Er wendet sich an Jesus mit den Worten: „Wenn du etwas kannst, so hilf uns.“ Als Jesus darauf antwortet: „Du sagst: wenn du kannst. Alle Dinge sind möglich dem, der glaubt“, schreit der Vater: „Ich glaube, hilf meinem Unglauben“ (V. 24). Der Vater möchte Jesus vertrauen, erkennt aber seinen Mangel an Vertrauen und bittet Jesus, dass er ihm zum Vertrauen verhilft. Auch wo unser Vertrauen schwach ist, dürfen wir das ehrlich vor Jesus aussprechen und ihn um Vertrauen bitten. Diese Bitte ist nicht vergeblich.
Mit diesen und anderen Geschichten (suchen Sie doch selbst in der Bibel nach weiteren Vertrauensgeschichten!) möchte uns Jesus und der himmlische Vater zum Vertrauen auf ihn ermutigen. Und das hat eine große Verheißung (schlagen Sie nach: Jes 40,31; Ps 118,8; Hebr 10,35)!
Gottes Vertrauen in uns
Wenn wir anhand der Bibel über „Vertrauen“ nachdenken, stoßen wir noch auf einen weiteren interessanten Aspekt. Nicht nur wir können auf Gott und auf Jesus vertrauen. Es ist zum Staunen, dass auch der dreieinige Gott in uns Vertrauen setzt. Sein Vertrauen zu uns drückt sich darin aus, dass er uns als seine Boten (Joh 20,21), Zeugen (Apg 1,8) und Mitarbeiter (1Kor 3,9; 1Petr 2,9) gebrauchen möchte. Selbst dem Verleugner Petrus vergibt Jesus seine Schuld und beauftragt ihn erneut zum „Hirtendienst“ (Joh 21,15ff.). Und wie viel hat Jesus danach durch Petrus bewirken können!
Ebenso rief der Auferstandene den Verfolger Saulus vor Damaskus in seine Nachfolge und machte ihn zu seinem begnadeten Boten und Verkündiger, durch den er viel bewirken konnte. So ist das bis heute. Auch jeden von uns möchte er in Dienst nehmen (Mt 28,18-20; Apg 1,8) und an seinem Platz als Zeugen gebrauchen. Selbst schuldiggewordene und unvollkommene Menschen nimmt er in Dienst und kann aus ihrem Dienst Frucht wachsen lassen, die ihn verherrlicht und die bleibt in Ewigkeit. Was für ein Vertrauen, das Jesus auch in uns setzt!