05/2022

Eine doppelte Portion Liebe (1. Johannes 4,1-21)

Das Thema: Die Liebe

Im 1. Johannesbrief (4,1-21) macht Johannes es uns leicht, das Thema dieses Abschnitts zu erkennen: In 15 Versen gebraucht er ganze 30 Mal das Wort „Liebe“ (BasisBibel). Im Durchschnitt also zweimal „Liebe“ in jedem Vers. Das ist eine Ansage! In verschiedenster Weise beschreibt Johannes, was er selbst in Vers 19 wunderschön zusammenfasst: „Lasst uns lieben, denn er hat uns zuerst geliebt.“ Um diese beiden Aspekte der Liebe geht es ihm: Unsere Nächsten zu lieben (V. 1), diese Liebe weiterzugeben und in ihr zu leben. Aber bitte mit dem richtigen Fundament (V. 2): Nicht aus uns heraus, sondern im Wissen, dass wir zuerst geliebt sind. Um das zu beschreiben, wählt Johannes einen spannenden Aufbau.

Die Mitte: Die Verbindung zu Gott

Interessant ist die Aufteilung der „Liebesworte“ in unserem Text. 15 Mal begegnet uns eine Form des
Wortes „Liebe“ jeweils in den ersten sechs (V. 7-12) und in den letzten sechs Versen (V. 16-21). Dazwischen scheinen sich drei Verse eingeschlichen zu haben, denen das Wort „Liebe“ fehlt (V. 13-15). Sind diese drei Verse hier fälschlicherweise zwischen Johannes‘ Ausführungen zum Thema Liebe gerutscht? Ich glaube nicht! Denn in diesen drei Versen ist vom dreieinigen Gott die Rede: Vater, Sohn und Geist werden genannt. Und mit diesem Gott dürfen und können wir in Verbindung stehen und in Beziehung leben. Für mich ein wunder bares Bild: Während sich rund um die mittleren Verse ein ganzer Liebesschwall ausbreitet, sind Vers 13-15 dennoch das Zentrum, ohne das alles andere keinen Sinn machen würde. Es geht um die Verbindung zum dreieinigen Gott. Es geht darum, in ihm zu bleiben! In dieser Mitte erfahren wir die unendliche Liebe Gottes zu uns und werden befähigt und beauftragt, diese weiterzugeben. Der dreieinige Gott ist das Zentrum und nur in Verbindung mit ihm ergeben die umliegenden „liebesgefüllten“ Verse Sinn!

Die Basis: Du bist geliebt

Gott ist Liebe! Das ist für Johannes das Fundament seiner Ausführungen. Jeder Aufruf, unsere Mitmenschen zu lieben, geht ins Leere, wenn er nicht von diesem Fundament getragen ist. Diese nicht endende und bedingungslose Agape-Liebe hat ihren Ursprung in Gott selbst (V. 7), denn er ist Liebe (V. 8, 16) und hat diese Liebe in Jesus Christus sichtbar werden lassen (V. 9). Lassen Sie uns das nicht für selbstverständlich nehmen! Gott ist Liebe: Das ist eine einzigartige Aussage, die sich in keiner anderen Religion oder Philosophie findet Hier geht es nicht nur um eine weitere Eigenschaft Gottes, sondern um seine Wesensbeschreibung, um sein innerstes Sein, aus dem alle anderen Eigenschaften fließen. Und diese Liebe steht fest: Sie ist an keine Konditionen, an keinen Beitrag unsererseits geknüpft. Johannes beschreibt es so: „Die Liebe besteht nicht darin, dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns
geliebt hat“ (V. 10).

Die Folge: Lasst uns lieben!

Erfüllt von dieser Liebe ist für Johannes aber auch ein zweiter Liebesaspekt völlig logisch: diese Liebe gilt es weiterzugeben. Die Basis steht: In allen Versen, in denen Johannes uns auffordert, unsere Nächsten zu lieben (V. 7, 8, 11, 12, 19), unterstreicht er im selben Atemzug, dass die Basis dafür die erfahrene Liebe von Gott zu uns ist. Dieses Fundament ist essentiell, damit das Haus nicht schief wird! Denn diese Liebeserfahrung macht den Unterschied. Sie führt dazu, dass wir gar nicht anders können, als diese Liebe weiterzugeben, die Menschen um uns herum zu lieben. Denn diese Liebe ist keine menschliche Möglichkeit, sondern Geschenk Gottes. Deshalb lasst uns zusammenhalten, was zusammengehört: „Lasst uns lieben, denn er hat uns zuerst geliebt“ (V. 19). Gabe und Aufgabe lassen sich nicht getrennt voneinander betrachten, sie gehören untrennbar zusammen. Das gilt in beide Richtungen! Wenn wir versuchen, unsere Nächsten aus uns heraus zu lieben, wird es schief gehen. Und genauso schief wird unser Glaube, wenn wir nur von der Liebe Gottes reden und es versäumen, diese weiterzutragen (V. 20-21). Darum möchte ich mich von diesem Text neu begeistern lassen: Ich möchte mich erfüllen lassen von Gottes Liebe, die mich dann beauftragt und befähigt, meinen Nächsten zu lieben.

Fragen zum Gespräch

  • Jeder zweite Radiosong besingt die Liebe. Was ist der Unterschied zwischen vielen weltlichen Vorstellungen von Liebe und der Liebe Gottes, wie sie Johannes beschreibt?
  • Welcher Aspekt der Liebe fällt uns leichter: die Liebe Gottes anzunehmen oder die Liebe weiterzugeben?
  • Wie kann das praktisch aussehen, mit dem dreieinigen Gott in Verbindung zu sein und in Beziehung mit ihm zu leben, wie Johannes es in V. 13-15 beschreibt?
  • „Lasst uns lieben, denn er hat uns zuerst geliebt.“: Was nehmen wir in die nächsten Tage mit?

Viertel-Schtond

Entdecke auch die „Viertel-Schtond“ mit Johannes Kuhn zu diesem Text.

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