Texterklärung
Die Klagelieder werden in der griechischen Bibel damit eingeleitet, dass berichtet wird, wie Jeremia in Tränen aufgelöst über sein Volk weint: „Wehe mir, meine Mutter, dass du mich geboren hast, gegen den jedermann hadert und streitet im ganzen Land“ (Jer 15,10). Ein anklagender Mann, der sich aber seines Gottes sicher ist: „Dein Wort ist meines Herzens Freude und Trost“ (Jer 15,16). Aber, warum dieser Text am Advent? Weil Gott sein heiliges „aber“ durchblicken lässt.
Die Klage (Vers 1-20)
Der Klagende klagt persönlich an! Er wendet sich seinem Gott zu, indem er sich alles von der Seele spricht, was ihn zutiefst zweifeln lässt. Es gibt immer eine Adresse, um zu klagen – Gott selbst! Gott hält das aus! Der Klagende sagt: „Ich habe vergessen was Glück ist!“ (V. 17).
Nun feiern wir heute den 4. Advent und die Vorfreude auf Heiligabend steigt. Kinder sind aus „dem Häuschen“ und fiebern dem Fest entgegen. Endlich, auspacken! Wir Erwachsenen gehen da eher nüchterner ran und sehen zu, dass wir alles noch unter einen Hut bekommen. Da fehlt dann auch schnell mal die kindliche Vorfreude. Bei Jeremia lesen wir vom gesellschaftlichen Zustand des geteilten Volkes. Jeremia ist im südlichen Teil Juda und Jerusalem aktiv. Das, was er erlebt, und das, was Gott seinem Volk durch ihn ausrichten lässt, das muss man erst mal verdauen können. Da bringt die Klage die ganzheitliche Not des Propheten zum Ausdruck. Er klagt aber nicht nur für sich, sondern er klagt an, als ein Bürger des Volkes. Ein Mann klagt für sein Volk und fleht seine Mitmenschen an: „Lasst uns umkehren zum Herrn!“ (vgl. V. 40).
Die Hoffnung (Vers 25-33)
Aus Klage wird Bekenntnis: „Der Herr ist alles für mich!“ (V. 24). Aus Bekenntnis wird Hoffnung: „Der Herr ist gut zu dem, der auf ihn hofft.“ Der Klagende wird zum Hoffnungsträger seines Volkes! Er wird Ermutiger zur Umkehr (V. 40). In Vers 25 beschreibt er die hoffnungsvolle und nachfragende Hinwendung zu seinem „guten“ Gott. Geduld zu haben und Leid zu tragen, sind dabei entscheidende Faktoren. Gott hilft, aber zu seiner Zeit und Stunde. Manchmal ist es das Wunder und manchmal ist es ein Durchgetragenwerden. Beides kann sein und beides sieht die Hoffnung in Gott, der Anfang und Vollender ist. Die Hoffnung spielt dabei die entscheidende Rolle. Wer hofft, der sieht weiter und gibt sich nicht auf, sondern geht seinen Weg. Ich glaube, ein Hoffender ist auch ehrlich Klagender, denn in der Anklage Gottes ist immer noch Gott das Gegenüber, auf dem alle Hoffnung ruht. Auf das Volk bezogen fiel es Jeremia sicher schwer, Hoffnung in der Ausweglosigkeit zu sehen und zu predigen. Aber er gibt nicht auf und liegt Gott damit in den Ohren. Was bleibt, ist die kollektive Hoffnung auf den versprochenen Messias.
Advent, Advent, ein Lichtlein brennt …
Heute brennt die 4. Kerze auf dem Adventskranz. Noch zwei Tage, dann endlich ist Heiligabend. Damals war es nicht abzusehen, wann und wie der Messias als der Retter und Friedensstifter kommen wird. Da war es eine Hoffnung in der Ungewissheit. Der Prophet beschreibt es als ein „in Geduld üben“, um seine „unfassbar große Güte“ (V. 32) zu erfahren. Für uns heute ist die Advents- und Weihnachtszeit ein Nachdenken darüber, dass Jesus schon gekommen ist und dass er durch seinen Ausruf am Kreuz: „Es ist vollbracht!“ (Joh 19,30), Gottes große Gnade und Barmherzigkeit über diese Welt ausgeschüttet hat als seine Hinwendung zu jedem einzelnen Menschen. Das ist Gottes Angebot in den Herausforderungen deines Lebens. Advent heißt Ankommen – in dieser Welt – in deinem Herz, damit dein Leben getragen wird von der kindlichen Hoffnung: Endlich ist es so weit! Und dann pack ungeduldig dein Geschenk aus, es wird dich und dein Leben verändern.
Praxishilfen
- Was lässt mich heute klagen?
- Wer hört mir zu?
- Wo und wie erlebe ich Adventshoffnung?
- Was erleben wir aktuell als Gemeinde/Gemeinschaft als Spannung?
Gestaltungsideen
In den Versen 28-33 werden Szenen beschrieben, die man gut als Anspiel im Gottesdienst nachspielen kann:
- „Leid tragen“: Großer schwerer Rucksack
- „Mund in den Staub drücken“ – sieht sicher komisch aus, aber bleibt in Erinnerung
- „Backe hinhalten“ – Macht doch mal eine „Wrap Challenge“
- „Unfassbar groß ist seine Güte“ – Zeugnisse einbauen