10-11/2024

Fruchtbares Leben (Jeremia 17,5-18)

Texterklärung

Jeremia 17 erinnert an das bekannte Bild aus Psalm 1 vom Baum am Wasser. Es geht um extreme Gegensätze: um Vertrauen auf Menschen oder auf Gott, um Fluch oder Segen, um ein Leben als dürrer Wüstenbusch oder als fruchtbarer Baum. Die Bilder und Worte fordern uns heraus, Position zu beziehen und hinterfragen zugleich unsere Selbstsicherheiten. Vor allem jedoch ist der Text ein großer Zuspruch und eine starke Einladung zum Vertrauen auf unseren treuen Gott.

Dürrer Busch oder saftiger Baum? (V. 5-8)

Starke Worte und Bilder begegnen uns hier, bekräftigt durch das einleitende „So spricht der Herr“ (V. 5). Wir müssen uns entscheiden, worauf wir unser Leben gründen, und diese Entscheidung hat Folgen. Vertrauen wir auf Menschen, dann gleicht unser Leben einem dürren Busch in der Wüste. Vertrauen wir auf Gott, dann leben wir wie ein Baum am Wasser mit kräftigen Wurzeln, grünen Blättern und saftigen Früchten. Dürre oder Wasser, Fluch oder Segen – gibt es da Zweifel, welche Entscheidung richtig ist?

Aber stimmen diese Bilder? Kann der Weg mit Gott nicht auch ein Weg durch die Wüste sein? Kennen wir nicht die angefochtenen Zeiten, in denen gar nichts zu wachsen und zu reifen scheint? Jeremia ist sehr nüchtern: Auch ein Mensch, der sich auf Gott verlässt, kennt hitzige Zeiten und dürre Jahre. Aber weil seine Wurzeln tief gegründet sind und bis zu den Quellen der Kraft Gottes reichen, kann dieser „Baum“ mitten in Hitze und Dürre fruchtbar und zuversichtlich bleiben (V. 8).

Es gilt, auch in allen Krisen: Wer sich zu Gott hält, wird immer ein Baum am Wasser sein! Was für ein starker Zuspruch in schweren Lebenslagen: Hab keine Angst. Dein dürres Jahr raubt dir nicht die Identität als guter Baum an den Wasserquellen Gottes.

Das unergründliche Herz (V. 9-11)

Fast unpassend erscheint der Ausruf des Propheten (V. 9): „Es ist das Herz ein trotzig und verzagt Ding, wer kann es ergründen?“ (Luther 2017). Gerade noch schien alles klar: Wir verlassen uns auf Gott und gehören zu den Gesegneten. Aber jetzt werden wir mit unserem unergründlichen Herzen, mit unserem umkämpften Denken, Fühlen und Wollen konfrontiert. In unserem Alltag mit Gott sind die Dinge nicht immer so klar, wie wir sie in unseren Glaubenssätzen formulieren. Diese Erkenntnis macht demütig und führt ins Gebet: Herr, hilf mir, dir zu vertrauen. Ich will doch unter deinem Segen und an deinen Quellen leben!

Gott antwortet auf diesen Ruf und versichert, dass er das Herz kennt (V. 10) – ein Trost in aller Zerrissenheit. Denn der Gott, der über unser Herz und unser Leben urteilt, ist gnädig. Am Kreuz von Jesus haben auch unergründliche Herzen und angefochtene Menschen Platz. Zugleich mahnt uns der Vers, dass Gott unser Tun sieht und beurteilt, und dass unser Vertrauen auf Gott sich auch im gerechten Handeln zeigt.

Der angegriffene Glaubende (V. 14-18)

Im letzten Abschnitt begegnen wir dem persönlich angegriffenen Jeremia. Er wird verspottet und in seiner Integrität in Frage gestellt. Was tröstet ihn? Er weiß, dass Gott sein Herz und seine Worte kennt, die er in Verantwortung gegenüber Gott geredet hat (V. 16). Und er kennt Gott als den, der heilt und hilft und ihn achtet, ja, der sein „Ruhm“ ist (V. 14). Jeremia ringt mit Gott: „Werde mir nicht zum Schrecken, du meine Zuflucht am Tag des Unheils“ (V. 17). Wir erschrecken über die Wucht von V. 18, über den so „unchristlichen“ Wunsch nach der Zerschlagung der Feinde. Aber dieses ehrliche Gebet ist bei dem Gott gut aufgehoben, den Paulus im Römerbrief zitiert (Röm 12,19): „Die Rache ist mein, ich will vergelten.“

Fruchtbares Leben

Wir sind eingeladen zu einem fruchtbaren Leben im Vertrauen auf Gott. Gegründet auf ihn, verwurzelt in ihm, können und werden wir wie ein Baum mit grünen Blättern sein und unaufhörlich Frucht bringen. In diese Verheißung können wir uns täglich neu hineinstellen – in saftigen und in dürren Zeiten.

Fragen zum Gespräch
  1. Wie gehen wir mit Angriffen und Anfechtung um? Können wir ehrlich beten oder sind uns unsere Gefühle und Gedanken Gott gegenüber peinlich?
  2. Welche Sehnsucht oder welche Freude weckt das Bild vom Baum am Wasser in uns?
  3. Welche menschlichen Sicherheiten geben uns Halt? Stimmt es eigentlich, dass wir unser Vertrauen ganz auf Gott setzen?
  4. Tröstet es uns oder macht es uns Angst, dass Gott unser Herz kennt?Jeremia, der weinende Prophet: Darf ich mit Klagen, Frust und Zorn auch vor Gott kommen? Hält Gott das aus?
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