Furchtbar oder fruchtbar? (1. Korinther 7,25-40)

Texterklärung

Paulus malt in den vorhergehenden Versen vor Augen, dass die Umstände, in die jeder in seinem Alltag hineingestellt ist, von Gott zugeteilt sind. Eine Lebenssituation ist also eine Berufung, die wahrgenommen, angenommen und mit Gott zusammen gestaltet werden soll. In Korinth, der Hafenstadt, die sexualethisch eine große Weite hatte, war nun als eine der Gemeinde-Fragen zur konkreten Lebensgestaltung aufgekommen: „Wie ist das mit den jungen Single-Frauen: Sollen sie heiraten oder lieber nicht?“

Ein persönlicher Rat

In der korinthischen Kultur war Ehelosigkeit denkbar, in der jüdischen Tradition dagegen war verankert, dass eine junge Frau zu heiraten hatte; die Eltern suchten meist den Ehepartner für ihre heranwachsende Tochter aus. Paulus gibt nun in diese Denk-Unruhen hinein einen persönlichen, seelsorgerlichen Ratschlag. Er geht davon aus, dass Jesus bald wiederkommt und schwere Zeiten bevorstehen. 10 Jahre später lässt Kaiser Nero Christen auch schon aufs Grausamste verfolgen und hinrichten.

Paulus sagt: Bleib so, wie du bist! Verheiratete bleiben verheiratet und nehmen das nicht als Grund, ihre Ehe aufzulösen (die klare Ansage von Jesus zum Thema Scheidung hat vermutlich immer noch nicht jedem
gefallen; Mt 19,5ff.). Wer noch ungebunden ist, egal in welchem Alter: Bleib so! Es ist vorstellbar, dass damals schon viele gedacht haben: Das ist ja furchtbar! Ich wollte doch so gerne heiraten! Paulus ergänzt: Wenn du aber doch heiraten willst: tu’s. Ehe ist eine gute und geistliche Sache, keine Sünde.

Schonen und schützen

Aber es ist eben so: Ehe ist auch Arbeit. Da ist einiges, das man als Ehepartner gemeinsam aushalten, managen und diskutieren muss, da baut sich immer wieder viel Druck auf. Paulus sagt: Ich möchte euch gerne schonen. Anders ausgedrückt: Ihr Ehelosen und Ehesehnsüchtigen, ich möchte euch gerne vor diesem Stress, diesen kräfteraubenden Alltags-Herausforderungen schützen. Die Welt mit dem, was uns oft mental und emotional unnötig beschäftigt, geht doch bald den Bach runter. Macht euch frei von dem, was euch in Sorgen verstrickt, richtet euren Fokus auf das, was Ewigkeitswert hat: auf Gottes Sache!

Paulus erwähnt nun den Vorteil, den Singles haben: Ihr müsst euch nicht wie die Verheirateten um eure
Ehepartner kümmern und um den zu organisierenden Ehe- und Familienalltag. Alleinlebende haben alle
ihre Herzenskräfte für Jesus frei und können geistlich fruchtbar leben.

Ob diese Aussage damals die Singles gefreut hat? Erlebe 0 % partnerschaftliche Liebe, damit du 100 % für Jesus geben kannst?! Grundsätzlich recht hat Paulus ja schon: Ehelose haben mehr Zeit zur persönlichen Verfügung. Manche wenden ein: Aber Singles brauchen große Zeitfenster, um Freundschaften und familiäre Beziehungen zu leben. Das ist wahr und wichtig. Und trotzdem bleibt festzustellen, dass Alleinlebende oft mehr Zeit- und Seelenkräfte frei haben als Eheleute. Wie wertvoll, wenn sie
diese Jesus zur Verfügung stellen können!

Beides ist gut

Paulus will mit diesen Aussagen aber niemandem das Leben schwer machen. Ihm ist es wichtig, dass
Menschen verstehen: Verheiratetsein ist gut. Aber: Ehelosigkeit ist auch gut, noch mehr, es ist eine kostbare Sache. In Zeiten, als man als Alleinlebender eher als Mängel-Exemplar wahrgenommen wurde, weil nur die Ehe als gottgegebener Lebensgestaltungs-Modus galt, spricht Paulus dem Singledasein und den Singles an sich einen hohen Wert zu. Er selbst erlebt seine Ehelosigkeit als gute Gabe Gottes, als ein Geschenk, dass er ohne tiefsitzende hormonelle und herzzersetzende Sehnsucht leben kann.

Aber eben nicht jeder Alleinlebende hat diese Gabe, dass man grundsätzlich glücklich mit seiner Lebensform ist. Viele sehnen sich doch immer wieder nach einem Gegenüber.

Deshalb ist es wichtig, dass wir

  • ehrlich mit Jesus im Gespräch über unsere Lebensumstände und Lebensherausforderungen bleiben.
  • als Gemeinde einander im Blick haben und darauf achten, dass Alleinlebende nicht einsam sind und Verheiratete Unterstützung in ihrem vollen Alltag bekommen.
  • als Verheiratete oder Ehelose herausfinden, wo Jesus uns mit unserer Art der Lebensgestaltung in dieser
    Welt zum Segen setzen will.
Fragen zum Gespräch
  • Welchen Segen, welche Herausforderungen bringt die Ehelosigkeit mit sich?
  • Welchen Segen, welche Herausforderungen bringt das Verheiratetsein mit sich?
  • Wie können Singles in unserer Gemeinde wohltuende und inspirierende Gemeinschaft erleben?

Ruth Scheffbuch

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